Confluencia: Ausblick auf 2024

Wie kann es weitergehen 2024?

Was tun? Neben dem Status quo des Gewurstels der Bewegungsstränge tauchen in der Diskussion drei Optionen auf:

1. Die Bewegungen verbinden sich endlich, gewissermaßen als „Bewegung der Bewegungen“, bleiben aber wie bisher außerparlamentarisch.

2. Parlamentarisch werden #1: Die Bewegungen schließen sich der Links-Partei an, um eine Verbindung zwischen Straße und Parlamenten zu schaffen. Diese Option wird gerade in unterschiedlichen Szenen diskutiert, es gibt Aufrufe, in Die Linke einzutreten.

3. Parlamentarisch werden #2: inspiriert vom spanischen Munizipalismus 2014/2015 Wahlplattformen aufstellen, die „Keine Partei“ sind. Diese Idee war – nicht nur in Hamburg – bisher überhaupt nicht angesagt in den Bewegungen.

Was tun gegen rechts 2024?

1. Ausgrenzung. Die wurde lange betrieben und aufrecht erhalten, doch ist dieser Zug wohl abgefahren, wenn inzwischen selbst ein Höcke wie ein normaler Politiker in Talk Shows eingeladen wird.

2. Konfrontation, durchaus militant. Dies haben vor 1933 die Kommunisten versucht, erfolgreich waren sie damit nicht. In der Gegenwart verspricht diese Strategie wenig Erfolg, weil damit medial keine Punkte zu machen sind, siehe Prozess gegen Lina oder selbst die Klebeaktionen der Letzten Generation – sofort wird die Terrorismus-Keule im öffentlichen Diskurs ausgepackt.

3. „Rote Karte“. Sprich: die immer noch große Mehrheit, die von den Rechten angewidert ist, dazu bringen, ihre Ablehnung im öffentlichen Raum sichtbar zu machen. Das ist bislang nicht einmal versucht worden, so dass ein Gegenargument, das bringe nichts, meines Erachtens nicht stichhaltig ist, bis zum Beweis des Gegenteils.

4. Aufklärung. Dass die Rechten lügen und die Leute verarschen, hat sich bisher in der bürgerlichen Mitte nicht ausreichend herumgesprochen. Wie aber wäre eine solche Aufklärungskampagne zu gestalten? Mehr Artikel zum Thema versenden sich. Eine Idee ist, zumindest für einen Stadtstaat wie Hamburg, eine „Hauswurfsendung“. Eine Informations- und Aufklärungsschrift, die sämtlichen über 1 Mio. Haushalten in Hamburg postalisch zugestellt wird. Dafür wäre Geld nötig – ließe sich ein Mäzen finden, könnte das über Crowdfunding finanziert werden?

5. Eine parlamentarische Initiative (siehe oben, Punkte 2. und 3.) auf den Weg bringen, die eine gut erzählte, motivierende „Alternative für Alle“ vorstellt. Denn darum geht es ja schon: zu zeigen, dass die „Alternative für Deutschland“ eben nur eine für bestimmte Menschen ist, dass sie andere Menschen ausgrenzen, abschieben, mundtot machen, drangsalieren, kriminalisieren will (und in Zukunft womöglich noch anderes). Das könnte z.B. über eine konzertierte Ansetzung von Stadtteilversammlungen in Hamburg losgetreten werden.

6. Den Aufbau des Neuen mit (hyper)lokaler Basisarbeit voranbringen. Problem: der Zeitfaktor. Vergangene und gegenwärtige Beispiele zeigen, dass dies Jahre braucht, in Rojava etwa waren es die Jahre 2004 bis 2012. So viel Zeit dürften wir hier auf keinen Fall mehr haben.

Hier noch Bilder und Notizen von den beiden letzten Salons:

Eine andere Stadt ist nötig

D.s Foto zeigt eine Gruppe beim Teetrinken auf einer Decke. Es steht für das selbstverständliche Beisammen-Sein von Gleichen, denn wie sie sagt: „Wir sollten Gleichheit nicht länger als Bitte verhandeln, Gleichheit ist ein rechtlicher Fakt.“

M.s Bild, das sie selbst gemalt hat (unten ganz rechts) zeigt eine Stadt, in der Leben, Wohnen, Einkaufen, Häuser und andere Dinge allen gehören. Es gibt mehr Musik auf der Straße, Bushaltestellen sind zugleich Cafés.

X brachte ein KI-generiertes Bild mit, das eine andere Innenstadt zeigt (Prompt: Wohnen, Mensch, Kaufhäuser, Pflanzen). In ehemaligen Kaufhäusern sind Wohnungen entstanden, die Innenstadt ist nicht länger eine Shopping-Zone.

Der Flyer der Mieter:innen aus dem Clasenhof, die derzeit von Entmietung bedroht ist, steht für mehr gemeinschaftliches Wohnen in der Zukunft.

A. zeigte eine Utopie für die Sternbrücken-Kreuzung, in der die erhalten bleibt und viel Platz für Fußgänger und Fahrräder ist, samt mehr Straßengrün.

C.s Bild zeigt die Band, die im ersten Star-Wars-Film in der Bar des Raumhafens spielt: ein Fest der Unterschiedlichkeit, in dem Aliens aller Arten gemeinsam Jazz spielen, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt.

N. sieht in den Reparatur-Ständen des Mercato in Addis Abeba (ein ganzer Stadtteil als Markt) ein Beispiel für eine andere Stadt, in alle Dinge repariert und nicht einfach weggeschmissen und neu gekauft werden.

I. zeigte eine Stadt von oben, einen „Stadtorganismus“ statten einer Raster-geplanten Stadt. Für sie ist „Städte für Menschen“ des dänischen Stadtplaners Jan Gehl eine wichtige Inspiration.

Auf K.s Bild ist eine Tasse zu sehen. Frage: Wer definiert, was ein „Schloss“ und was ein „Pisspott“ von einer Wohnung ist? Gute Wohnungen für alle. Menschen können auch als Einzelpersonen gut wohnen, es müssen nicht Kollektive sein.

B. hatte ein Bild der Elbphilharmonie „ergänzt“, der Bau könnte auch umgenutzt werden: das Dach als Ski- oder Rodelpiste, drinnen Wohnungen für Benachteiligte, Lagerräume für Foodsharing. Reichtum müsste unmoralisch werden, dann würden Veränderungen beginnen. Der Konzertsaal darf übrigens bleiben.

C. brachte ein Foto aus Barcelona mit: Der Platz vor dem Museum für Zeitgenössische Kunst ist von der Skaterszene erobert worden. Beispiel dafür, dass man sich die Stadt, den öffentlichen Raum entgegen der Absichten der Planer:innen zueigen machen, aneignen muss.

Y. stellte ein Bild aus P.M.s „bolo’bolo“ vor, das ein bolo zeigt: einen Straßenblock, der von seinen Bewohner:innen umgebaut, durchlöchert, mit Brücken querverbunden worden ist. Eine neue Form der Vielfalt, baulich gesehen.

Auf J.s Bild steht „Genossenschaften wirtschaftlich & politisch“: ein Plädoyer, die Form der Genossenschaft wieder politisch zu denken, nicht nur für die Bereitstellung von Wohnraum, sondern als Form auch der politischen Selbstorganisation, um die unterschiedlichen Ideen von Stadt zusammen- und nach vorne zu bringen.

M.s Bild zeigt ein Foto von Helen de Witt: „Button to secret passage – press“. Es steht für das Prinzip der (kollektiven) Wunschproduktion: vor jedem Projekt den Button drücken und sich damit der Logik der heutigen Stadtplanung und der Parteien entziehen, verweigern.

U. hatte Zukunftsbilder mithilfe von Midjourney erzeugt, die Sammlung und ihre Notizen (sie konnte an dem Abend leider nicht dabei sein) hänge ich als eigenes Dokument an.

In der anschließenden Diskussion fand ich noch folgende Punkte bemerkenswert:

1. Unterschiedliche gesellschaftliche Milieus sollten sich miteinander verbinden, wenn sie Probleme angehen; also ihre Mission nicht als einzelnes Thema, das nur eine Gruppe betrifft, formulieren, sondern so, dass andere andocken können.

2. Keine Problembündel angehen, sondern konkrete Probleme priorisieren und das drängendste dann gemeinsam anpacken; dabei sollten wir auch Dissens hinsichtlich anderer politischer Fragen aushalten und nicht zuerst eine gemeinsame einheitliche Position einnehmen wollen.

3. Manches von dem, was die Bilder zeigen, ist oder war Realität, heißt: die andere Stadt ist keine Utopie in dem Sinne, dass etwas völlig Neues gefunden und beschrieben werden muss; sie setzt sich gerade auch aus Elementen zusammen, die schon da waren oder derzeit in Nischen existieren, aber vom Mainstream des neoliberalen Urbanismus ignoriert werden. Das macht es vielleicht leichter, sich eine andere Stadt vorzustellen, die Aufgabe ist vielleicht gar nicht so groß und schwierig, wie wir das manchmal denken.

Notizen von nbo

Aktionsformen revisited

Was war daran besonders, was kann jetzt noch inspirieren?

1. Das Spielerische, das was zum Mitmachen einlädt:
z.B. das Boßel-Turnier, die Mietspiegelstelzen, das Gentropoly oder die Flatterband-Aktion.

2. Ein Symbol in den öffentlichen Raum bringen, das hat keinen „Body Effort“, es ist eine einfache Geste; das was die/der einzelne damit tut, ist als solches sichtbar, er/sie geht nicht in der Masse unter wie auf einer Demo.

2. Überraschende Interventionen im öffentlichen Raum; das, was jüngere Gruppen wie die Letzte Generation oder Wer hat der gibt zuletzt immer wieder gezeigt haben.

3. Das Zusammenspiel von eigenen Bildern und Statements: z.B. Verbote sind verboten (Reeperbahn-Flashmob), Antifa-Fotos für die Ida-Ehre-Schule; diese Kombination schafft es leichter, Positionen in die Medien zu bekommen.

4. Ende Gelände als Beispiel für gut choreographierte und vorbereitete Aktionen, die gar nicht so viele Teilnehmer:innen erfordern, aber große mediale Wirkung erzielen.

5. Den emotionalen Faktor mitdenken: Aktionen, die Sympathien wecken, Freude machen; heißt: immer Arbeit in Kommunikationsdesign stecken;
z.B. bei den „Kiez-Tussis“ gegen den BID, bei der Levitationsaktion, beim Schwabinggrad-Ballett oder bei der U-Bahn-Aktion in der Hafencity zu sehen.

6. Die Vielfalt der Aktionen ist wichtig, nicht die eine oder die zwei Aktionsformen, die immer wieder gemacht werden. Das ist auch eine Erkenntnis aus der Collage.

7. Klassiker nicht unterschätzen: der Generalstreik (rêve general) oder das Entern von Dächern, um große Transparente herunterzulassen (Esso-Häuser).