Zum „Paulihaus“-Skandal

Am Neuen Pferdemarkt soll das sogenannte „Paulihaus“ entstehen. Die Renderings des Baukonsortiums verniedlichen die wahren Ausmaße des Büroklotzes allerdings: mit 24,30 m Höhe und 115 m Länge würde es ein Monstrum, das die Umgebung erschlägt. Wir stellen hier einige realistische Ansichten aus verschiedenen Perspektiven dar:

Vom Grünen Jäger aus gesehen, Blickrichtung Innenstadt

An der Kreuzung Pferdemarkt/Budapester Str./Neuer Kamp, einmal ohne und einmal mit Klotz zum Vergleich

Vor dem Restaurant „Tandur“, Blickrichtung Süden die Budapester Str. hinunter
Vom Neuen Kamp aus gesehen, Blickrichtung Neuer Pferdemarkt
Einige Worte  noch zum „Paulihaus“-Skandal
Hier wird ein städtisches Grundstück in einem konstruierten Wirtschaftsförderungsfall verscherbelt – ohne Rücksicht auf die städtebauliche Situation am Pferdemarkt, ohne Rücksicht auf Denkmalschutzaspekte, vor allem: ohne wirtschaftlichen Vorteil für die Hansestadt. Denn Hamburg verlangt für 60 Jahre einen Erbbauzins von 6,5 Millionen Euro, muss aber das Grundstück für rund 6 Millionen Euro herrichten und rund 300.000 Euro Stellplatz-Ablöse zahlen. Macht für 60 Jahre einen Erlös von 200.000 Euro!
Was wir hier vor uns haben, ist ein Klüngel aus SPD und stadtnahen Unternehmen im Verbund mit einer Werbeagentur, die mit fadenscheinigen Argumenten ihre Interessen gegen die Anwohner*innen durchdrücken, flankiert von einer Justiz, die es besser wissen sollte.
It’s the return of Besitzbürgertum.
Eine Klasse von Vermögenden und Herrschenden zeigt den Stadtbewohner*innen den ausgestreckten Mittelfinger und signalisiert: Wir sind die Stadt, wir können alles – und ihr seid nichts!
Schon bei der Vergabe der Rindermarkthalle 2011 an Edeka Nord setzte sich der Bezirk Mitte im Verbund mit der Sprinkenhof AG sowohl über die Anwohner*innen als auch über einen Bürgerschaftsbeschluss vom November 2010 hinweg, der eine Beteiligung der Anwohner*innen an der weiteren Planung vorschrieb. Diese fand nie statt.
Diese Herrschaftsattitüde hat in Hamburg Tradition, seiner Geschichte als Stadtrepublik zum Trotz. Der aktuelle Abriss des City-Hofs passt dazu, aber auch der Abriss der historischen Gängeviertel um die vorletzte Jahrhundertwende.
Diese Herrschaftsattitüde muss ein Ende haben.
Die Lügen müssen ein Ende haben.
Im konkreten Fall die Lüge, es habe in der Sache „Paulihaus“ eine Beteiligung der Anwohner*innen gegeben. Die ganze Planung von Steg, Hamburg Team und Argus war von vorneherein ohne die Anwohner*innen angelegt. Darüber können Feigenblatt-Veranstaltungen wie im Sept. 2015 und im Februar 2017 nicht hinwegtäuschen. Bereits der Architekturwettbewerb 2017 fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die ablehnenden Voten der Stadtteilbeiräte im Karoviertel und in der Schanze wurden ignoriert.
Das konnten auch all diejenigen wissen, die in den letzten zwölf Monaten sich hinter vorgehaltener Hand über das Restaurant Maharaja lustig gemacht haben, es sei so blöd gewesen, einen Mietvertrag zu unterschreiben, obwohl die Neubebauung beschlossene Sache gewesen sei. Die Neubebauung war nicht einmal 2017 beschlossene Sache, eine vorläufige Anhandgabe fand überhaupt erst 2018 statt. Den Mietvertrag unterzeichnete das Maharaja 2015.

All diese Schlauberger sollten sich bitte einmal genau überlegen, was es für Nachbarschaft, Immobilienmarkt und das Raumgefüge eines Ortes bedeutet, an einem großen Platz wie dem Neuen Pferdemarkt einen sechsstöckigen Büroriegel hinzusetzen, für den keine wirtschaftliche Notwendigkeit besteht, wie die Initiative St. Pauli Code JETZT! eindrücklich belegt hat. Es geht nicht einfach nur um Gebäude, die folgenlos „ersetzt“ werden. Was mit dem „Paulihaus“ in Gang gesetzt wird, ist die massive Aufwertung des Neuen Pferdemarkts, die sich mit dem drohenden Abriss des Hotel Pacific fortsetzen wird. Das Ende dieses Prozesses ist noch nicht in Sicht.

Und wenn wir noch weiter zurückgehen: 2008 hatte der Leiter des Fachamts für Stadt- und Landschaftsplanung Michael Mathe im Streit um die „Tanzenden Türme“ erklärt, diese sollten das letzte große neue Bürogebäude auf St. Pauli sein. Denn man wolle natürlich nicht, dass der Stadtteil sich zu einem Bürogewerbegebiet wandle. Doch das tut er, wenn das „Paulihaus“ gebaut wird.
An alle hier im Stadtteil: Wie lange wollen wir dem Ausverkauf St. Paulis durch das Besitzbürgertum eigentlich noch zusehen? Schaut euch alle die Mietentwicklung im Stadtteil an. Glaubt ihr, der Bau eines „Paulihauses“ habe keine Auswirkungen auf diese Entwicklung? So naiv kann man nicht sein.
Es reicht.
Shame on you, Bodenkommission.
Shame on you, „Paulihaus“-Konsortium.
Shame on you, Oberlandesgericht.
Shame on you, SPD.
Shame on you, Finanzbehörde.
Shame on you, Freie und Hansestadt Hamburg!